Ersatzteile im 3D-Druck

Es gibt sehr viele Vorteile ein Classic-Boot wie die Maya (eine Najad 34) zu segeln. Das Boot ist stabil und hat Qualitäten, die man bei neuen Booten oft vergeblich sucht. Die Versorgung mit Ersatzteilen gehört allerdings wohl eher nicht zu den Vorteilen. Ich habe manchmal das Gefühl, dass die Produktlebenszyklen immer kürzer werden. Das gilt insbesondere für Bordelektronik. Ich habe da z.B. schon sehr skurrile E-Mail Konversation mit dem B&G Support gehabt, wobei mir wegen Defiziten bei der Software zum Neukauf eines Plotters geraten wurde. Aber auch bei den mechanischen Ausrüstungsgegenständen wird es nach einigen Jahren manchmal schwierig. So ist z.B. bei meiner Windfahnensteuerung (Windpilot Pacific) das Schneckenrad mit dem der Kurs eingestellt wird nach den vielen Jahren der Benutzung einfach zu stark abgenutzt gewesen, um noch stabil den Kurs zu halten. Die Zähne vom Schneckenrad sind einfach „verbraucht“ und der Kurs kann nicht mehr gehalten werden, weil die Fahne nicht in der richtigen Position bleibt.

Ich gebe zu, dass am Anfang mit der Windfahnensteuerung etwas gefremdelt habe und sie nur dank zweier befreundeter Segler (Hallo Ralf! Hallo Raz!) in Gang bekommen habe. Allerdings ist das Gerät inzwischen ein wichtiges Crew-Mitglied geworden und gerade bei längeren Törns kaum mehr wegzudenken. Umso bitterer war die Nachricht von Herrn Förthmann, dem Hersteller der Anlage, dass das benötigte Ersatzteil nicht mehr lieferbar ist, weil der ursprüngliche Zulieferer im Zuge der Corona-Krise dichtgemacht hat. Keine gute Situation, wenn man die Anlage noch benutzen möchte.

Ich war daher sehr glücklich, dass ich Kontakt zu Alex und Roman bekommen habe. Die Brüder (die übrigens, wie ich, aus Franken stammen) haben Solvit3D gegründet, mit dem Ziel im 3D Druckverfahren Ersatzteile oder individuelle Anfertigungen für Segelboote zu erstellen. Ich schöpfte also wieder etwas Hoffnung, dass man das gesuchte Ersatzteil vielleicht auf diese Weise erstellen kann. Das Problem war allerdings, dass ich keine Vorlage und auch keine wirklich guten Fotos von der Anlage hatte. Das Boot (mit dem alten Teil) war auf Apataki, einer kleinen Insel in der Südsee, und ich selbst in Bangkok. Allerdings war Herr Förthmann ausgesprochen hilfreich und hat uns nicht nur mit Rat, sondern auch mit einem Scan der Originalpläne (Windpilot Model <97) geholfen und auch original Musterteil zur Verfügung gestellt, welches von Alex mittels 3D-Scan vermessen wurde. Auch an ihn an dieser Stelle vielen Dank!

Ich habe das gedruckte Teil – zusammen mit einer ganzen Reihe anderer Ersatzteile, Filter, Keilriemen etc. auf der Durchreise in Deutschland eingepackt und bin damit in die Südsee geflogen. Ich gebe zu, es war schon eine Portion Skepsis dabei, ob das Teil passen würde. Die Möglichkeiten nachzubessern sind in Französisch-Polynesien, insbesondere auf abgelegenen Inseln wie Apataki, sehr überschaubar und der Postversand legendär schlecht. Ohne adäquate Selbststeuerung sind aber meine Törns dort – gerade als Einhandsegler oder mit kleiner Crew – kaum vorstellbar. Die Entfernungen zwischen den Inseln im Pazifik sind enorm (allein Französisch Polynesien ist eine Fläche vergleichbar mit Westeuropa, d.h. etwa 4 Millionen qkm). Ihr könnt euch daher vorstellen, dass ich einen nicht ganz kleinen Freudentanz aufgeführt habe als ich das neue – im 3D-Druckverfahren erstellte – Schneckenrad perfekt gepasst hat.

Ach ja, Disclaimer: Alex und Roman haben mir das Ersatzteil kostenlos gefertigt, wenn ich darüber einen Blogpost schreibe (bin ich jetzt ein Sailfluencer?). Mein Freudentanz darüber, dass ich das Teil so gut passt, und ich meine Windfahnensteuerung wieder voll nutzen kann, wurde davon aber nicht beeinflusst.

Links:

Solvit3D (Alex und Roman)

Windpilot (Peter Förthmann)

3d-Profi (hier wurde das Teil gedruckt)

 

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KOMMENTAR(E) (1)

  • Long time no sea! – SY-Maya.de
    Mai 27, 2022., 08:44 • Antworten

    […] Ersatzteile, die ich auch Deutschland mitgebracht habe passen (siehe auch extra Artikel zum Thema Ersatzteile im 3D-Druck).Es hat ca. eine Woche gedauert, um Maya vorzubereiten. Dabei ging es nicht nur um Reparaturen, […]

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